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Zusammenfassung
Ich muß für mein Teil gestehen, daß ich bis jetzt noch kein Frauenzimmer
kenne, das durch starkes Schnüren (folglich durch Kunst, nicht die Natur)
eine nur im geringsten sogenannte feine Taille erhalten hat, wo ich nicht bei
genauerer Untersuchung allemal entweder eine hohe Schulter oder eine
sogenannte hohe Hüfte, oder schiefe eingedrückte Rippen, oder wenigstens ein
schiefes S-förmiges Rückgrad unausbleiblich fand. Ich hatte Gelegenheit
selbst einige, mir als Muster einer feinen Taille berühmte Personen von
höchsten Stande näher zu untersuchen, und fand meinen Verdacht über die
freilich durch Kleider, für Kenner, sehr selten völlig, doch meist wenig
entdeckbare Verunstaltungen gegründet, so groß auch die Zuversicht war, mit
der man sich, um mich zu widerlegen, auf eine solche berühmte feine Taille
als grade berufen hatte. Daher sagte schon Riolanus und nach ihm Guillemeau,
daß fast bei allen französischen Mädchen die rechte Schulter höher wäre,
weil man weiß, daß die rechte Seite gewöhnlich stärker ist. Daher
behaupten die angesehensten holländischen Ärzte, daß in ihrem Lande unter
tausend vornehmen Damen nicht eine, wegen der Schnürbrüste recht gerade sei.
Ich habe mich hiervon durch den Augenschein in mehreren Provinzen Hollands
überzeugt. Bekannt aber ist's daß man nirgends bis auf den heutigen Tag das
Schnüren soweit als in Holland treibt.
Ich glaube, daß dies hinreicht, um zu beweisen, daß der Einfluß der
Schnürbrüste auf die Bildung, mit einem Worte Verunstaltung sei. Allein ist
denn
- der Gebrauch der Schnürbrüste so schlechterdings schädlich?
- und kann er nicht bei kleinen, durch Krankheit verursachten
Verunstaltungen Nutzen stiften?
- unterstützt eine Schnürbrust nicht schwache Kinder?
Auf alle diese drei Einwendungen läßt sich die allgemeine Antwort zugleich
geben, daß alsdann noch wenigstens eine Schnürbrust die natürliche, gesunde
Form und nicht just die umgekehrte haben müßte. Solange eine Schnürbrust
die Gestalt behält, die sie bis jetzt hatte, ist sie nicht allein
überflüssig, unnütz, sondern, wie ich unwiderleglich dargelegt zu haben
glaube, offenbar schädlich, sobald sie das tut, weshalb man sie anlegt, daß
sie nämlich die natürliche Form der Brusthöhle umkehrt.
Auf die zweite Einwendung läßt sich noch die besondere Antwort geben, daß
auch hier die Schnürbrüste schädlich sind, ist durch die neuere Methode von
Pott, die Buckel zu heilen, ausgemacht worden. Alle, auch die sinnreichsten
Maschinen, die man bis dahin anwandte, die Buckel zu beheben, findet man nun
nicht nur fruchtlos, sondern sogar schädlich, und auf einem falschen
Grundsatz beruhend. Die nähere Kenntnis der Ursache des Effekts und des
eigentlichen Zustandes der Knochen, bei den verschiedenen Arten der Buckel,
hat uns hier erst seit kurzem deutliche Begriffe verschafft. Ich könnte hier
vieles aus eigener Erfahrung hersetzen, wenn ich nicht abbrechen müßte, da
diese doch eigentlich zu Heilung der Krankheiten gehört.
Daß Schnürbrüste, um auch auf die dritte Einwendung zu antworten, schwache
Kinder nicht unterstützen, wenn sie sie vorher nicht selbst geschwächt
haben, ist oben von mir schon gezeigt worden. Schwache Kinder bedürfen
anderer Hilfe, als bloß einer Unterstützung der Brust, und wäre die Brust
allein schwach, so beengt und schwächt sie ein solcher Panzer nur noch mehr.
Die Anwendung verschiedener Gürtel, Schnürleiber, die bei manchen
äußerlichen Schäden der Wundarzt nötig hat, z.B. bei Magenbrüchen usw.
gehören nicht hierher.
Hier könnte folglich das weitläufige Kapitel vom Einfluß der Schnürbrüste
auf die übrige Gesundheit des weiblichen Körpers eingeschaltet werden,
allein da dies nicht die Preisfrage fordert, so schweige ich hiervon, so
gelehrt ich auch über diesen Gegenstand, insbesondere, weil er schon von
vielen, und von einigen recht gut, abgehandelt worden, scheinen könnte.
Besonders ist dies noch voriges Jahr von Rougemont in seiner wichtigen Schrift
''Etwas über Kleidertracht'' geschehen, der das Heer der Krankheiten
aufführt, womit die Schnürbrüste den Körper überfallen.
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